In diesem Beitrag: Swayambhunath – die Augen über Kathmandu
- Anmelden oder Registrieren, um Kommentare verfassen zu können
- 14 Aufrufe
Im frühen Morgenlicht schimmerte der goldene Turm der Swayambhunath-Stupa auf dem Hügel über Kathmandu. Der Himmel dahinter war noch dunkel, und gerade dieses Lichtspiel zog uns magisch an. Aus der Ferne leuchtete die Stupa wie ein Versprechen – und so machten wir uns im Jahre 1994 auf den Weg den Hügel hinauf, Schritt für Schritt, dem goldenen Glanz entgegen.
Ein heiliger Ort für Buddhisten und Hindus
Swayambhunath ist einer der ältesten heiligen Orte Nepals, vermutlich im 5. Jahrhundert entstanden. Obwohl die Stupa ursprünglich dem Buddhismus zugeordnet ist, kommen auch viele Hindus hierher, um Opfer darzubringen. Der Tempelkomplex zeigt eindrucksvoll, wie eng beide Religionen in Nepal miteinander verwoben sind – durch gemeinsame Rituale, Symbole und den Glauben an das Ewige im Wandel.
Die große weiße Stupa ruht auf einem kreisförmigen Fundament. Darüber erhebt sich der goldene Turm mit den allsehenden Augen Buddhas – Sinnbild für Weisheit, Mitgefühl und Bewusstsein. Zwischen den Augen steht das nepalesische Zahlzeichen „१“ (1), das Einheit und Erkenntnis symbolisiert. Darüber thront ein Schirm, der Schutz und Erleuchtung darstellt – das Ziel allen Strebens.
Ein Ort der Stille und Bewegung
Als wir die 365 Stufen zum Hügel hinaufstiegen, war die Luft erfüllt vom Klang der Gebetsmühlen und dem leisen Murmeln der Mantras. Zwischen Pilgern, Mönchen und neugierigen Affen herrschte eine eigentümliche Ruhe – eine Stille, die nicht aus Schweigen, sondern aus Bewegung entsteht. Inmitten von Wind, Glocken und flatternden Gebetsfahnen fühlte sich dieser Ort wie ein lebendiger Mittelpunkt an – ein Atem zwischen Himmel und Erde.
Symbolik des Blicks
Die Augen der Stupa scheinen alles zu sehen: die Stadt, die Berge, den Himmel und den Menschen, der vor ihr steht. Für viele Besucher werden sie zum Spiegel – ein Blick, der nicht beobachtet, sondern erinnert. Vielleicht liegt darin das Geheimnis von Swayambhunath: dass dieser Blick nach innen führt, dorthin, wo Bewusstsein und Stille eins werden.
Ein Moment des Lichts
Als die Sonne höher stieg und die vergoldete Spitze der Stupa aufleuchtete, schien für einen Augenblick alles stillzustehen. Kathmandu lag im Schatten, während oben das Licht glühte. Ein Bild von seltener Schönheit – und von jener Verbindung, die über Zeit, Glaube und Sprache hinausreicht. Die Augen über Kathmandu bleiben – wach, weise, still.