Kongōbu-ji – Der Tempel des Diamantgipfels auf Kōyasan

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Der Kongōbu-ji (金剛峰寺) – wörtlich „Tempel des Diamant-Gipfels“ – ist der Haupttempel der Shingon-Schule des japanischen Buddhismus und zugleich das geistige Zentrum von Kōyasan.
Hier, im Herzen des Hochplateaus, das Kūkai im 9. Jahrhundert als Mikrokosmos des Universums anlegte, verdichtet sich die ruhige Kraft dieses Ortes in Stein, Sand und Klang.

Erster Besuch – Im Regen des Sommers 2015

Unser erster Besuch führte uns 2015 in einen Tag feinen, gleichmäßigen Regens.
Über den Holzstegen des Tempelhofs glitten die Tropfen lautlos, während die Gärten in nebliges Licht getaucht waren.
Gerade in dieser Stille, in der das Geräusch des Regens selbst zur Meditation wurde, lag eine besondere Schönheit.

Die Steingärten des Kongōbu-ji – ihre makellos geharkten Sandreihen, die sorgfältig gesetzten Steine, Inseln im leeren Raum – wirkten wie materielle Gleichnisse für Konzentration und Gelassenheit.
Jeder Stein schien bewusst gesetzt, jeder Kreis im Sand Ausdruck einer unsichtbaren Bewegung.

Wir standen lange unter den Dachvorsprüngen, betrachteten die Linien, die der Regen allmählich verwischte, und empfanden doch keinen Verlust – eher den Gedanken, dass auch Vergänglichkeit Teil der Ordnung ist.

Beim Eintritt hatte uns eine junge Novizin das Symbol des Tempels mit schwarzer Tusche in unser „Heiliges Buch“ gemalt – ein filigraner Kreiszug, dessen Schwung noch in der Luft zu hängen schien, als sie hinter ihrer weißen Maske lächelnd die Pinsel ablegte.

Zweiter Besuch – In der Sonne von 2017

Zwei Jahre später, 2017, betraten wir den Kongōbu-ji erneut – diesmal bei klarem, sonnigem Wetter.
Die Sandflächen leuchteten hell, die Steine warfen klare Schatten, und die Gärten wirkten noch stiller, fast zeitlos.
Es war, als hätte der Ort in den zwei Jahren nichts verloren, sondern an Tiefe gewonnen.

Da wir das Tempelsymbol bereits bei unserem ersten Besuch erhalten hatten, verzichteten wir diesmal auf einen neuen Eintrag – und widmeten uns stattdessen der Atmosphäre selbst.

Besonders eindrucksvoll war die buddhistische Lesung, an der wir teilnehmen durften.
Wir saßen auf dem Boden der Halle, auf langen rot-weißen Teppichen, und lauschten den rhythmischen Rezitationen eines Mönchs.
Die Worte hallten im Raum wider, getragen vom Duft des Räucherwerks, und verschmolzen mit dem Atem der Anwesenden zu einer Art kollektiver Ruhe.
Es war weniger Vortrag als Schwingung – eine Erfahrung von Resonanz, nicht von Belehrung.

Auch die Klosterküche, die wir erneut besichtigten, faszinierte uns.
Sie zeugt mit ihren gewaltigen, rußgeschwärzten Kesseln und den schweren Holzdeckeln von Jahrhunderten klösterlicher Disziplin und Gastfreundschaft – ein Ort, an dem der Alltag selbst Teil der Meditation wird.

Nachklang

Regen oder Sonne, Klang oder Stille – der Kongōbu-ji verändert sich mit dem Wetter und bleibt doch derselbe.
Vielleicht liegt gerade darin seine Lehre: dass der Geist nicht in der Abwesenheit von Bewegung ruht, sondern im Gleichmaß zwischen Veränderung und Beständigkeit.

Zum Abschied sahen wir noch einen Pilger im weißen Gewand, auf dem bereits die ersten Symbole seiner Pilgerreise zu sehen waren.
Mit einem mächtigen Pilgerstock in der Hand verließ er langsam das Tempelgelände, und für einen Moment schien es, als trüge er die Stille des Gartens mit sich hinab in die Welt.

So kehren wir in Gedanken immer wieder dorthin zurück –
zum Tempel des Diamantgipfels,
wo Steine sprechen, Linien atmen
und das Wort „Vergänglichkeit“ nichts von Melancholie hat,
sondern schlicht die Form des Seins beschreibt.

Bild 1: Der Steingarten des Kongobuji Tempels
Bild 2: Das Tori zu dem Kongobuji Tempel
Bild 3: Der Kongobuji Tempel
Bild 4: Wohl platzierte Steine in den ordentlichen Sandreihen
Bild 5: Jeder Stein im bedeutsamen Zusammenspiel
Bild 6: Teilnahme an einer buddhistischen Lesung
Bild 7: In den Küchen des Tempels
Bild 8: Ein Pilger im traditionellen Gewand mit Pilgerstock