In diesem Beitrag: Pashupatinath – am Fluss des Lebens und des Abschieds
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Am Ufer des Bagmati-Flusses, östlich des Zentrums von Kathmandu, liegt der Pashupatinath-Tempel – einer der heiligsten Orte des Hinduismus. Eine Brücke führt über den Fluss zu einer weiten Treppenanlage, an deren Stufen Menschen beten, rituelle Waschungen vollziehen oder Abschied nehmen. Es ist ein Ort, an dem sich das Leben in seiner ganzen Vergänglichkeit zeigt – und in seiner spirituellen Tiefe zugleich.
Ein Heiligtum Shivas
Der Tempel ist dem Gott Shiva in seiner Gestalt als Pashupati – „Herr der Lebewesen“ – geweiht. Der Haupttempel, eine goldgedeckte Pagode aus Stein und Holz, beherbergt ein Shiva-Lingam, das nur gläubige Hindus betreten dürfen. Um ihn herum liegen zahlreiche kleinere Schreine, Aschramas und steinerne Pavillons, die sich entlang des Hangs bis zum Flussufer erstrecken.
Pashupatinath ist nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch der Übergänge. Hier werden die Toten verbrannt, während Pilger nur wenige Meter entfernt Mantras rezitieren. Der Rauch der Scheiterhaufen zieht über den Fluss, während die Gläubigen Wasser schöpfen und Blumen ins Wasser legen – eine eindrückliche Choreografie von Leben, Tod und Wiederkehr.
Begegnung am Bagmati
Als wir 1994 die Brücke überquerten, fiel das warme Licht der Nachmittagssonne auf die alten Steine. Auf den Stufen saßen Sadhus mit bemalten Gesichtern, in Meditation versunken oder schweigend in sich ruhend. Am Ufer badeten Gläubige, Kinder lachten, Vögel kreisten über dem Fluss. Alles schien in einem stillen Gleichgewicht – Bewegung und Stille, Klang und Schweigen, Diesseits und Jenseits.
Vom gegenüberliegenden Ufer aus bot sich ein weiter Blick auf den gesamten Komplex: die vergoldeten Dächer, die Stufen, das Wasser, das alles miteinander verband. Es war, als läge über diesem Ort ein Bewusstsein, das über Zeit und Form hinausreicht – eine Erinnerung daran, dass alles vergeht und doch bleibt.
Zwischen Himmel und Erde
Pashupatinath ist kein Ort für Eile. Er fordert Stille und lässt den Besucher zu einem Teil des großen Zyklus werden, den man hier fast körperlich spürt. Das Rauschen des Flusses, der Rauch der Feuer, die Gebete und das Licht – alles verschmilzt zu einer Erfahrung, die sich weniger beschreiben als fühlen lässt. Wer hier verweilt, begegnet nicht nur einem Tempel, sondern dem Sinn des Lebens selbst.