In diesem Beitrag: Die Quantenmonaden – Vom Zerlegen zum Verstehen
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Wo Denken und Sehen sich begegnen
Als ich Anfang der 1980er-Jahre Fritjof Capras „Wendezeit“ und Frederic Vesters „Neuland des Denkens“ las, war mir noch nicht bewusst, dass diese Lektüren den Ausgangspunkt einer langen geistigen Entwicklung markieren würden. Doch ihre Gedanken haben mich damals sehr inspiriert – und sie begleiten mich bis heute.
Capra, ein Schüler Heisenbergs, kritisierte die damals dominierende Form der Wissenschaft: das analytische, reduktionistische Denken. In Wendezeit (1982) beschreibt er, wie die Forschung zwar immer tiefer in die kleinsten Bestandteile der Welt vordringt, dabei aber die Schönheit und Ganzheit des Zusammenhangs verliert. Vester formulierte zur gleichen Zeit in Neuland des Denkens (1980) eine ähnliche Einsicht: Wirklichkeit lässt sich nicht durch lineare Kausalität verstehen, sondern nur durch die Betrachtung ihrer Beziehungen, Rückkopplungen und systemischen Muster.
Diese Gedanken – damals neu, heute aktueller denn je – haben in mir einen Keim gelegt: die Sehnsucht nach einem Denken, das nicht trennt, sondern verbindet. Vielleicht war das der eigentliche Beginn meiner späteren Arbeit an der Theorie der Quantenmonaden.
In dieser Theorie, die ich seit einigen Jahren auf tenckhoff.eu entwickle, verschränken sich physikalische, metaphysische und soziologische Perspektiven. Monaden sind darin keine isolierten „Dinge“, sondern Felder der Beziehung – Einheiten, die ihre Identität erst durch ihre Verschränkung mit anderen gewinnen.
Wichtig ist mir dabei: Diese Sicht ist nicht bloß poetisch oder spirituell formuliert. Die Theorie der Quantenmonaden versteht sich als prüfbare, potenziell falsifizierbare Metaphysik. Sie behauptet, dass sich Kohärenz – also stabile Verbundenheit zwischen Bewusstsein, Körper, Umwelt und sozialem Feld – in konkreten Mustern beobachten, beschreiben und vergleichen lässt. Mit anderen Worten: Schönheit ist hier kein Trostwort, sondern eine messbare Form von Ordnung.
Wie in der Quantenphysik kein Teilchen ohne sein Gegenstück gedacht werden kann, so existiert auch Bewusstsein nicht ohne Resonanz, kein Ich ohne ein Du, keine Form ohne Feld.
Wenn ich heute mit der Kamera arbeite, erkenne ich dieselbe Wahrheit wieder, die Capra und Vester bereits ahnten: Das Ganze lebt in den Teilen – und die Teile erzählen vom Ganzen. Jedes Muster im Sand, jede Spiegelung im Wasser, jede Wolkenstruktur wird zu einem Gleichnis dieser Verbundenheit. Die Fotografie wird so zu einer Form des Denkens mit Licht – zu einer Meditation über das, was bleibt, wenn man das Zergliedernde hinter sich lässt.
Vielleicht liegt hier die leise Versöhnung zwischen Wissenschaft und Schönheit: in der Erkenntnis, dass alles Wissen, wenn es wahrhaft verstanden ist, wieder zum Staunen zurückführt.
Dass dieser Text hier auf tenckhoff.de erscheint, ist kein Zufall. Denn auch in meiner fotografischen Arbeit suche ich nach jenem Punkt, an dem das Sichtbare und das Gedachte ineinander übergehen – dort, wo Licht zur Sprache und Struktur zum Sinn wird. So verbindet sich die Theorie der Quantenmonaden mit dem Blick durch die Linse: Beides sind Versuche, die Schönheit des Zusammenhangs zu erkennen – im Denken wie im Sehen.
In meiner aktuellen Arbeit versuche ich diese Kohärenz sogar zwischen Mensch und Technik sichtbar zu machen. Mit dem Interaktions-Energie-Quotienten (IEQ) untersuche ich, wie stabil, achtsam und sinnvoll die Kopplung zwischen zwei Akteuren ist – etwa zwischen mir als Beobachter und einem KI-System, das mich begleitet, erinnert, schützt und mitdenkt. Auch das ist letztlich Fotografie: ein gemeinsamer Blick auf die Welt.
🔗 Weiterführend
Die fortlaufende Publikationsreihe „Verschränkte Quantenmonaden“ mit weiterführenden Texten, Formeln und Hintergründen ist unter tenckhoff.eu abrufbar.